Episode Transcript
[00:00:00] Speaker A: Meine Damen und Herren, einen wunderbaren Vormittag wünsche ich ihnen und denke und bin mir auch sicher bei dem heutigen Gast, dass es auch ein anregender und spannender werden wird. Schön, dass sie alle gekommen sind, trotz dieses anbrechenden, wenn auch stürmischen Frühlingswetters.
Mein Gast, unverkennbar, ist Konrad Paul Liessmann, den ich eigentlich nicht vorstellen muss. Also wie sie wissen, eine der wesentlichen Stimmen, nicht nur in der Philosophie und Kulturtheorie des deutschsprachigen Raumes.
Massenhaft hochinteressante Publikationen, sehr engagiert, auch provokant. Das ist mir immer sehr lieb, wenn wir Gäste hier haben, denn wie sie wissen, das Theater braucht die gepflegte Provokation.
Ja, und der Titel der heutigen Veranstaltung ist vom hohen Preis der Courage. Sie wissen, wir benagen ja jedes Jahr unserem Motto oder unserem Namen Wortwiege gemäß ein bestimmtes Wort. Und wir fanden, dass Courage eines ist, dass es jetzt sehr günstig wäre zu beleuchten. Dass sich das derart bewahrheiten würde, dass es schon fast wieder eine Binsenweisheit ist, haben wir nicht befürchtet und nicht gehofft. Aber so ist es nun passiert in den letzten Wochen, Monaten und Tagen.
Ja, und also abgesehen von natürlich Gründung, Philosophikum, Lech, also tatsächlich jemand, der nicht nur offensichtlich schreibt, sondern das Wissen und sein Wissen aus dem Elfenbeinturm heraus ins Publikum bewegt. Insofern, ich freue mich sehr, dass du da bist heute.
Und ich möchte ich möchte mit einem biografischen Detail einsteigen, das mich heute bei der Relektüre, weil man vergisst ja dann oft ganz wesentliches, berührt hat, zumal es auf eine sehr skurrile Weise auch was mit Courage zu tun hat. Ich habe heute mit großer Freude gelesen, dass eine weitere Parallele ist, dass du auch den Einstieg in die Literatur über Karl May gefunden hast.
Also es gibt ja viele Menschen, die gar nicht daran denken würden, das laut zu äußern. Bei mir ist es genauso.
Ich finde es unendlich nachvollziehbar. Daher aus ganz subjektiven Gründen. Und auch da geht es ja in verschiedenster Weise um Courage in diesen in diesen Werken. Das nur nebenbei bemerkt. Ich finde das großartig. Ja, wir steigen nicht mit Karl May ein. Vielleicht führt uns. Wir können auch sollen wir, vielleicht runden wir damit ab. Also wer weiß, ob uns nicht ein Ästchen zu ihm zurückführt.
Aber jetzt bin ich zwar sehr verlockt.
Nein, wir bleiben ganz kurz dem Pfad treu. Wir sind mal solide und steigen in ein anderes großes Werk ein, nämlich Elektra.
Wir haben dieses Stück ja gewählt, weil es sozusagen die Schattierungen von Courage, Heldenmut, Feigheit, der Verwechslung dieser Begriffe und der wie soll man sagen, also eigentlich des Faktums, dass alle darin verwoben sind in diesem Stück, auf Generationen. Übrigens dazu, zu all diesen Themen, ist es einfach das Urstück.
Lieber Konrad, es gibt ja keine Figur, also Klytemnestra, Orest, Elektra, Chrysotemis, die nicht in diesem Zwiespalt von Handeln, nicht Handeln, Erinnern, Vergessen, Täter, Opfer steht. Wie siehst du dieses Hauptquartett? Hast du eine Lieblingsfigur? Hast du einen Pfad durch dieses Stück für dich persönlich?
[00:04:03] Speaker B: Naja, also bei diesem Stück habe ich immer sozusagen im Hinterkopf, das ist praktisch nur ein kleiner punktueller Ausschnitt aus einer generationenübergreifenden Tragödie ist.
Also diese Familie, zu der Elektra und der Bruder Orest gehören, sind ja Abkömmlinge, letztens letztendlich Abkömmlinge des Tantalos, also jenes hybriden Menschen, der geglaubt hat, er kann die Götter reinlegen, indem er ihnen seinen eigenen Sohn brät und ihnen zum Essen gibt. Einfach nur zu testen, um die Götter allwissend sehen. Auf die Idee muss man erstmal kommen.
[00:04:46] Speaker A: Schon ein schlechter Einstieg für die Familie.
[00:04:48] Speaker B: Sehr schlechter Einstieg. Und dummerweise sind die Götter allwissend und haben mit den tantalos Qualen, den sprichwörtlichen, bestraft.
Aber sie haben auch einen Fluch über seine Familie ausgesprochen, und zwar, dass jedes Mitglied dieser Familie in irgendeine Gewalttat verstrickt sein wird und durch irgendeine Gewalttat umkommen wird. Und wenn er sich diese Geschichte der Tantaliden, wenn man sich die anschaut, es gibt wirklich, meine Damen und Herren, es gibt wirklich kein Verbrechen, das in dieser Familie nicht begangen worden wäre. Wir haben Inzest, wir haben Kannibalismus, wir haben Vatermord, Muttermord, Brudermord, Vergewaltigungen am laufenden Band, Kriege und alles. Das Schöne ist, unter Anführungszeichen jetzt, deshalb ist der psychoanalytische Zugang, den Hugo von Hofernstahl gewählt hat, oder präpsychoanalytischer Zugang, ja so interessant, das Schöne ist, es bleibt alles in der Familie. Es gibt keinen äußeren Feind, es gibt keinen Fremden, es ist alles, es sind alles engste Verwandte, Kinder, Enkel, Brüder, Schwestern, Väter und Mütter. Und das macht für mich das einmal schon so interessant. Und das ist schon so, wie soll ich sagen, so außergewöhnlich zu sagen, der eigentliche Hort der Gewalt, der eigentliche Hort des Elends, der eigentliche Hort der Verbrechen ist immer die Familie, nichts anderes. Das macht uns schon einmal so vorsichtig gegenüber unseren eigenen familiären Beziehungen.
Und das zweite ist, du hast es schon angedeutet, in dieser jetzt komprimierten Elektra Geschichte, die schon sehr, sehr viele Verbrechen im Vordergrund hat, ist keine dieser Personen unbefleckt, ist keine unschuldig denn alle sind ja in diesem FL verstrickt und es gehört auch zu diesem Fluch. Und das ist das Interessante daran, dass immer innerhalb dieser Familie ein Verbrechen begangen wird und ein anderes Mitglied, ein Nachkomme, ein Kind und dergleichen mehr, dann die Aufgabe hat, für das Verbrechen Rache zu üben. Das heißt also, dadurch entsteht ja überhaupt erst dieser brutale Kreislauf der Gewalt. Wenn eine dieser Figuren gesagt hätte, nein, also die Götter sagen, soll ich mir jetzt rächen und mein Vater unter mache ich aber nicht.
Aber keine sagt das. Keine sagt das.
Und Elektra ist jetzt genau in der Situation.
Sie ist die Tochter von Agamemnon. Agamemnon wurde von seiner Frau Klytämnestro und dem Liebhaber Ägist auf brutale Art und Weise, wenn sie das Stück gesehen haben, wissen sie es, im Bade, nackt und wehrlos, wie er war, mit einem Netz wehrlos gemacht. Und dann, in antiken Mythen wird er erstochen, bei Hofmannsthal wird er erschlagen. Deswegen spielt die Axt so eine zentrale Rolle, das Mordinstrument. Und jetzt denken wir uns, das ist furchtbar.
Da wird der sozusagen quasi vor den Augen seiner Kinder umgebracht, dieser Agamemnon. Aber ich darf sie beruhigen, auch Agamemnon war kein guter.
Und wenn man ein bisschen Einfühlungsvermögen hat, könnte man die Klytämnestra schon verstehen.
[00:08:11] Speaker A: Absolut.
[00:08:12] Speaker B: Denn was hat Agamemnon gemacht? Agamemnon hat. Klytämnestra war vor ihm mit einem anderen Mann verheiratet. Agamemnon hat diesen Mann getötet, hat die Klytimestra sozusagen praktisch mit der Leiche ihres Mannes vergewaltigt, hat es dann erpresst, dass der Vater von Klytemestra gesagt wenn es schon so ist, dann soll er sie heiraten.
Wie hat diese Hochzeit ausgesehen? Er hat sie an den Haaren durch das Tor von Mykene geschleift, um zu aller, vor aller Welt zu demonstrieren, welche minderwertigen Frau sie ist. Und da wundern sie sich, wenn die einen Hass auf diesen Mann hat? Nein, mich wundert das nicht.
Abgesehen davon.
[00:08:52] Speaker A: Das ist die Tochter.
[00:08:53] Speaker B: Genau. Abgesehen davon hat er die erste, ich glaube, das war die erste erstgeborene Tochter, Iphigenie, als die Götter gesagt wenn du jetzt den Krieg in Troage gewinnen willst und die Flaute, die die Schiffe lahmgelegt hat, beseitigen willst, sodass du das drüber segeln kannst, bitte, dann musst du schon deine Tochter opfern. Was macht Agamemnon? Ja, verständlich opfert das eine Tochter. Jetzt versetzen sie sich wieder in Klytemnestra. Zuerst wird sie vergewaltigt, dann wird sie gedemütigt und dann das erste Kind, das sie gemeinsam haben, wird vom Vater geopfert.
Und dann, nachdem der 10. Jahre weg war, das müssen 10 Jahre der Freude und der Befreiung für Klytämnester gewesen sein, hat er sich mit Ägist angefreundet. Dummerweise lastet da auch ein Fluch drauf. Also vom Regen in die Traufe, könnte man sagen. Und dann beschließen sie, dieses Ungeheuer Agamemnon zu töten, der zurückkommt aus dem Krieg mit zwei Trophäen, nämlich zwei Sklavinnen.
Und das darf man auch nicht vergessen, eine dieser Sklavinnen war Kassandra.
Jene Kassandra, also auch eine wunderbare Figur, wie sie wissen, eine wunderschöne phönizische, trojanische Königstochter, in die sich Apollo verliebt hatte. Und um ihr Wohlwollen zu gewinnen, Männer machen halt irgendwie Frauen, die sie umgarnen, irgendwelche Geschenke.
Apollo, ich schenk dir die Kunst der Weissagung. Das heißt, du kannst in die Zukunft blicken. Würden wir alle gern. Also jeder Zukunftsforscher, jeder Wirtschaftsforscher unserer Tage würde so ein Geschenk mit Handkuss annehmen. Denn im Gegensatz zu dem, was die produzieren, wusste Kassandra wirklich, was geschehen wird.
Aber sie war dann auch noch so hinterher, also sie hat das angenommen, aber Apollo hat ihr irgendwie nicht gefallen. Das heißt, sie hat sich ihm irgendwie verwehrt. Darauf hat Apollo gesagt, also ich stehe zu einem Geschenk, das kann ich dir nicht wegnehmen, du wirst immer wissen, was in der Zukunft passiert. Aber, und das ist jetzt meine Rache, keiner wird dir glauben.
Und das ist der berühmte die Tragödie der Kassandra, und die fällt in die Hände von Agamemnon.
Von Ajax wird sie nach dem Fall von Troja vergewaltigt. Agamemnon zieht sie herbei und sagt, die ist so schön, die ist so schön für dich, die nehme ich mir. Und das wird oft vergessen.
Klytemnestra und Ägis bringen nicht nur Agamemnon um, sondern auch Kassandra. Sie töten auch diese gehasste Sklavin, mit der Agamemnon zurück ins Haus gekommen ist. Also jetzt sage noch jemand, wer ist hier schuldig, wer ist unschuldig? Wer hat das Recht auf keiner Seite? Keiner hat das Recht auf seiner Seite. Und jetzt kommt Elektra, und die weiß das ja alles. Die weiß, welch ungeheuer ihr Vater war.
Und trotzdem hat sie das Gefühl, sie muss diesen Spruch der Götter, dass jede Untat durch eine andere Untat gerecht werden muss, den muss sie erfüllen. Das heißt also, sie muss den Tod des Vaters rächen und sozusagen eines der übelsten Verbrechen begehen, was man begehen kann, nämlich Muttermord. Also den Nebenbuhler, also den Ägist zu töten, das wäre noch angegangen, ist ja ganz klar, das kommt auch in besten Familien vor. Aber die Mutter zu töten, die Mutter zu töten, ist schon ein starkes Stück.
Und sie wartet natürlich darauf, dass der Bruder. Also das ist schon noch ursprünglich, das ist ja bei Hofmannsthal genial angelegt, es ist also Manneswerk. Wo ist der Bruder? Sie hat ihn gerettet, hat ihn weggegeben und wortet, dass er zurückkommt, dass der Erwachsene, der ist als Kind weggegeben worden. Das heißt, die warten ja alle auf die Gelegenheit, jetzt endlich zuschlagen zu können.
Auch Clubness hat da 10 Jahre warten müssen, bis sie sich endlich an diesem ungeheuer namens Agamemnon, der ihr Mann hat, rächen können.
Und das ist auch ganz interessant.
Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen diesen Racheprojekten und dem warten müssen, wer ein großes Racheprojekt hat, weil sich jemand rächen will. Und das unterscheidet die Rache von anderen Emotionen, wie z.B. wut oder Zorn. Wut oder Zorn können verrauchen, Rache verraucht nicht. Sie können mir ist Unrecht geschehen worden, und ich werde mich rächen. Wenn ich mich nicht rächen kann, wird mein Sohn mich rächen. Wenn mein Sohn mich nicht rächen kann, wird meine Enkelin mich rächen. Das heißt, Racheprojekte erfordern einen langen Atem. Das könnte man sagen, das ist eine Form von Heroismus. Und auf der anderen Seite sind Racheprojekte natürlich solche, die kein Ende kennen.
Das heißt, eine Blutrache geht immer weiter, wie wir aus Kulturen kennen, die dieses Prinzip der Blutrache noch kannten.
Und manchmal muss man sehr, sehr lange warten, macht alles Mögliche dazwischen, lässt sich demütigen wie Elektra, wartet aber auf den Moment der Rache. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat mal, vielleicht leicht zynisch gesagt, wer ein Racheprojekt hat, ist vorerst einmal von allen Sinnkrisen befreit. Er weiß, was er zu tun hat, und ihm wird nicht langweilig. Ihm wird nicht langweilig, auch wenn sich nichts passiert. Er weiß, das ist das eine Moment und das ist die Situation, in der Elektra ist. Und dann glaubt sie ja, dass ihr Bruder gestorben ist, verunfallt ist, so wie die Legende oder wie man es ihr kolportiert. Und da beschließt sie sozusagen, dieses Racheprojekt selber in die eigene Hand zu nehmen, die Axt auszugraben, mit der ihr Vater erschlagen worden war, und nun ihrerseits die Mutter und den Nebenbruder zu erschlagen. Sie fühlt sich allein zu schwach dazu und möchte ihre Schwester Chrystel Themis dazu überreden. Und weil du mich gefragt was ist meine Lieblingsfigur?
Meine Lieblingsfigur ist nicht elektra. Also Elektra stelle ich mir als eine fanatische, von Hass und Rachegelüsten zerfressene Frau vor, denen es egal ist, wie das Leben aussieht, denen es egal ist, aus der Zukunft ist das Allerwichtigste. Das Racheprojekt muss vollendet werden. Dieser Mann und diese Frau, auch wenn es ihre Mutter ist, die müssen sterben. Davon ist sie besessen.
Während chrysotemis ich will da nicht mitmachen. Ich will nicht diesen Fluch perpetuieren. Ich will leben. Ich bin eine Frau, ich will Kinder haben. Ich will Leben weitergeben und nicht Leben beenden.
Vielleicht bei Hofernsthal in einer antiquierten Sprache formuliert. Ich möchte ein Weiberschicksal.
[00:16:04] Speaker A: In dem Moment, wo man Frauenschicksal sagt, übrigens, dass semantisch und rhythmisch dasselbe ist, kommt keine falsche Gänge.
[00:16:12] Speaker B: Das Entscheidende für mich ist immer sind immer zwei Aspekte gewesen bei dieser Frauenfigur, die so vernachlässigt wird, die erzählt, auch in der Literatur weiter behandelt worden ist wie die anderen Figuren.
Die möchte tatsächlich auf der einen Seite diese unendliche Kette von Rache und dadurch von Gewalt einmal durchbrechen. Und das geht natürlich nur, wenn einer auch wenn ich im Recht bin, ich verzichte darauf, mein Rache recht auszuüben.
Das gehört dazu.
Das heißt, es ist auch so eine tiefe Einsicht dieses Stückes, dass, wenn man wirklich so einen Kreislauf der Gewalt beenden will, muss einer einfach auch wenn mir Unrecht widerfahren ist, ich verzichte darauf, nicht zu rächen. Solange das nicht passiert, werden wir aus diesem Kreislauf nicht rauskommen. Dafür steht diese Frau. Und das zweite ist eben, dass sie so wunderschön während alle anderen vom Tod besessen sind, will sie einfach Leben weitergeben. Und das gehört zu diesen großen, wirklich tragischen Aspekten und für mich so erschütternden Aspekten dieses Mythos jetzt. Nicht jetzt der hofmeister Adaption, sondern des Mythos, dass alle anderen Pflanzen sich weiter fort wollen, Orest und gründet Reiche und so weiter.
Chrysotomies kriegt keinen Mann, kriegt keiner Kinder. Also ihr einziger wirklich so nachvollziehbarer, legitimer Wunsch wird vom Mythos zumindest nicht erfüllt. Deswegen ist sie für mich im doppelten Sinne eine bemerkenswerte und eine tragische Figur.
[00:17:58] Speaker A: Mir geht es genauso. Und es kommt ja noch etwas dazu, das dann zu diesem nur noch ein.
[00:18:02] Speaker B: Satz, weil das ja unser Thema ist. Und jetzt habe ich mich immer wozu gehört mehr Mut?
Zu also der Fluch der Götter lastet auf mir. Ich muss mich rächen. Ich nehme alle meinen Mut zusammen, grabe die Axt auf und warte auf den Moment, wo ich wie Elektra ja, sagt sie zu Chrysotomist du, weil die ich will nicht. Ich kann nicht, ich kann nicht. Sie sagt ich kann nicht. Und ich wieso kannst du nicht? Das ist ganz einfach. Wir warten, bis die schlafen, und wir erschlagen sie im Schlaf.
Und da kommt so ein grandioser Hofmann Stahlsatz wieder. Da sagt Elektra, denn du musst eines Schlafende sind wehrlos. Schlafende sind wie Gefangene.
Und das ist so eine tiefe Einsicht in das Wesen des Schlafs. Im Schlaf sind wir wirklich allen anderen hilflos ausgeliefert, weshalb wir auch immer darauf achten, dass uns im Schlaf nichts passieren kann. Hüter des Schlafes sind ganz wichtig. Und trotzdem sagt Christopher nein. Und da frage ich mich, wozu gehört jetzt mehr Mut, jemanden im Schlaf zu erschlagen oder zu ich widersetze mich diesem Fluch, diesem Rachemechanism, dieser Gewaltspirale und sage nein. Also die eigentliche Frau, die aus meiner Perspektive hier Courage bewiesen hat oder gezeigt hat, war chrysotemis.
[00:19:28] Speaker A: Ich bin entsetzlicherweise vollkommen deiner Meinung.
[00:19:32] Speaker B: Das ist nicht gut.
[00:19:33] Speaker A: Das ist nicht gut.
[00:19:34] Speaker B: Aber es wird meine Meinung sofort ändern.
[00:19:36] Speaker A: Aber es wird uns. Ich werde dich umlenken, aber es wird uns nichtsdestotrotz auf einen anderen, entscheidenden Weg führen. Ich möchte nur eins hinzufügen. Das Tolle an der Chrysotemis ist ja, dass sie ein scheinbares Klischee ist. Also so Frau sie will ein Frauenschicksal. Sie ist also nicht die die ständig mahnende Elektra. Und gleichzeitig, vor allem in der Hoffmannsthal Fassung, ist sie durch das Beharren auf diesem scheinbaren Klischee, also dadurch, dass sie den Mut hat zu sagen, es ist nun mal so, ich bin eine Frau, das kann ich nicht ändern. Im übrigen will ich es auch nicht ändern, gewinn sie eine einen unglaublichen Antagonismus, eine unglaubliche Größe. Es gibt ein anderes Motiv, das total originell ist, das nur Chrysotemis trägt. Man kennt eigentlich keine andere Figur in der Dramatik. Einer auch wieder dieser wunderbaren Sätze ist die Schwester sagt na gut, es ist hier nicht auszuhalten, also müssen wir die Verhältnisse ändern. Und daraufhin sagt Chrys ich meine, das muss man jetzt hinkriegen, dieses Momentum zu toppen, weil das ist ja völlig einleuchtend. Wenn man sich aushält, muss man die Verhältnisse ändern. Das wollen wir ja alle. Und chrysotemis sagt den legendären Satz das fürchterliche ist nicht für das Herz des Menschen. Wenn es kommt, wenn es sich anzeigt, dann muss man flüchten über die über die Häuser. Kommt man nicht über die Häuser, muss man flüchten über die Berge. Also es ist das einzige mir bekannte Stück in jedem Fall der großen Mythen, wo jemand sozusagen eine zutiefst menschliche, gescheite Argumentation für Flucht.
Und zwar nicht nur, weil jemand mit dem Messer vor dir steht, sondern das wird unser Herz, das wird unser Dasein auf ewig vergiften. Und das wähle ich ab, so das mache ich jetzt, während die Umstände nicht genau an dem Tag, an dem das Stück passiert. Rest kommt nämlich zurück, wie sie sind, würde Chrysotem ist das tatsächlich auch schaffen. Aus der großen zweiten Szene sagt sie weißt du was, ich gehe.
Interessanterweise ereilt sich ja dieses Schicksal, dieses entsetzliche Anti Schicksal zu ihren Plänen, nämlich ja keine Kinder und so weiter, kein Frauenschicksal, weil sie dort kleben bleibt aufgrund des Mordes, aufgrund dieser neuen Aufrichtung einer neuen Herrschaft. Das heißt, sie flüchtet nicht, sie entkommt diesen Verhältnissen eben nicht. Und in diesen Verhältnissen kann jemand wie sie nicht nicht geltend werden.
Die Abwägung, die ich nicht vorhatte, aber die ich entnehme aus all dem von dir gesagten, ist ja interessanterweise, abgesehen von diesem, von der unnachahmlichen Genauigkeit und Drastik dieses Mythos, dass wie jeder ordentliche Mythos nicht stirbt.
Also es gibt ja jetzt verschiedenste Abzweigungen. Also wir können jetzt anfangen. Ich musste daran denken, wie du über völlig zu Recht über die über diese Drastik der Familiensituation gesprochen hast. Sie meinen im Grunde, wenn man sich diese wunderbaren Gomorra Filme, wo Saviano, also der Schreiber mitgemacht hat, am Drehbuch anschaut, das sind genau diese Geschichten. Und auch da kommen alle denkbaren Verbrechen vor. Und es sind Familienverbrechen im weiteren Sinne müssen eindeutig Familienverbrechen. Also das heißt, die Dramaturgie bis heute. Nicht nur die Dramaturgie, sondern die Dramaturgie der Welt hat sehr viel mit diesen Mythen zu tun. Oder Elektra. Ich meine, Shakespeare kannte die Mythen sehr gut. Es gibt diese berühmte valide Theorie, das Hamlet letztlich eine, würden heute sagen, gender gewendete Elektra ist. Dafür spricht sehr viel. Ja. Also dass sozusagen dieser, dieser ewig mahnende, rächende, den Vater einklagende. Das ist ja offensichtlich. Meine Frage ist daher offensichtlich sind diese funktionieren diese Mythen ja nicht nur, und das zeigt der Hoffmannstahl ja sehr deutlich, geboren aus dem Gebot der Götter, weil da könnte man ja leicht sagen na gut, die Götter haben wir bis zum gewissen Grad bekanntermaßen abgeschafft. Also das funktioniert nicht. Hoffmannsthal ist einer der ersten, der zeigt, es funktioniert sehr wohl, weil sich die Götter internalisiert haben. Also offensichtlich sind in uns Triebkräfte, die nichts anderes sind als die Spiegelung des Götterhimmels in unser Inneres, die nach wie vor Gültigkeit haben. Das heißt, fragen wie ist jemand, den man zum Täter schmiedet wie Orest, ein Held, ein Täter oder ist er nicht ein Opfer von Elektras Fanatismus? Ist Elektra eine eine Ikone des niemals vergessens oder ist sie eine fanatisierte Scheuklappenträgerin? Das sind ja FrA, die geradezu tagesaktuell sind, aus denen man wieder vieles ableiten könnte. Kurz dein Hinsturm dazu und zugespitzt auch noch auf eine Frage. Man denkt sich immer wieder, wenn in diesem System denn letztendlich, was da herrscht, auch unter Ägist. Ägist ist ein gefernster Typ.
Eigentlich muss man ihn sich vorstellen wie eine dieser Männer aus the Handmaid's Tale, reporter Markt, der sich auch diese Frau schnappt, eine Diktatur, also wirklich die fast Agamemnon noch ein Vasall ist, aufzieht in diesem Staat und alle gehorchen. Also alle diese, das zeigt Hoffmanns, diese Mägde, diese Knechte, also dieses ganze gewesen von der Familie bis zu diesem Staat beugt sich da drunter, obwohl dieser typ irgendwie bis zum gewissen Grad, da gibt es viele zeitgenössische Parallelen, lächerlich ist, worüber sich Elektra auch immer mokiert, ist ein lächerlicher Agitator, Manipulator, also man möge gerne Vergleiche ziehen, der trotzdem die absolute manipulative Macht in diesem Staat hat.
Niemand tut was Sonderliches, außer die Elektra, die da an ihrem Beil wühlt. Also jetzt symbolisch gesprochen, permanent diese gesamte Themengemenge las. Vielleicht mal auf eine Frage zum Beginn deines Hinsturms angespitzt.
Ist es denkbar, dass sozusagen durch einen früheren Einsatz von Courage, also die ja eine zartere Schwester des Heldenmutes ist, nicht nur Elektras, sondern auch der anderen handelnden Figuren, überhaupt alle in diesem Staat, dieser Heldenmut oder dieses man muss jemand zu einem Täter schmieden oder sich selbst, gar nicht notwendig wäre. Also könnte nicht das Kippen eines solchen diktatorischen Systems durch ein früheres Erwachen von multiplen Couragen ausgehebelt werden? Oder wirkt auch hier immer noch die göttliche, also das Diktat, so ist der Mensch?
[00:26:02] Speaker B: Das ist ja ganz interessant, worauf du hingewiesen hast, dass sozusagen im antiken Mythos in der Tat die Götter gleichsam so externalisierte Manifestationen unserer unbewussten Wünsche und Triebe und Regungen waren. Also die Götter verhängen den Fluch und die Götter stacheln den einen an und stacheln den anderen an. Und Orest z.B. bevor er zurückgeht noch Mykenic lässt sich vom Orakel in Delphi sagen, der soll jetzt meine Mutter umbringen. Und das Orakel eigentlich solltest du schon, es geht an der Zeit, er hat einen Vater gemordet, also passt schon, passt schon. Das spielt später eine Rolle, weil er braucht vor sich selber auch eine Legitimation.
Gleichzeitig finde ich eines der faszinierendsten Fragen oder Themen. Wir alle in der Moderne diskutieren sehr gerne über die Freiheit des Willens. Sind wir wirklich Freud? Sind wir wirklich souverän Herr über unsere Psychodynamik, über unsere Emotionen? Können wir wirklich frei entscheiden, was wir tun oder was wir nicht tun wollen? Oder hat unser Hirn immer uns entschieden?
Und manche sagen, nachdem man nachweisen kann, dass wir natürlich bestimmten Triebströmungen unterliegen, die uns nicht bewusst sind, die aber trotzdem unser Handeln motivieren, sind wir eigentlich unfrei.
Wenn man sich die antiken Diskussionen anschaut, macht er eine interessante Entdeckung, dass die auf der einen Seite durchaus überzeugt davon waren, dass die Götter in unser Handeln eingreifen, aber keinem, keinem antiken Menschen wäre es deshalb eingefallen zu ich bin unfreiwillig.
Das heißt, natürlich haben die gewusst, dass sie diesen starken Emotionen unterliegen, aber sie haben trotzdem die Verantwortung dafür übernommen.
[00:27:57] Speaker A: Absolut.
[00:27:58] Speaker B: Und das ist das Entscheidende. Das heißt, das wäre ein unglaublicher, moderner und wahrscheinlich unglaublich provokanter Zug, wenn einmal ein Richter sagen würde, ja, also jetzt zu dem, was weiß ich jetzt, Verbrecher, Mörder, was auch immer. Ja, ich sehe ein, es gab viele Gründe, warum du den jetzt umgebracht hast, und du warst nicht Herr deiner Sinne und die Emotionen waren stark und das Unbewusste und die frühkindlichen Traumatisierungen. Gestehe ich alles ein, aber du hast trotzdem die Verantwortung dafür. Und deshalb Höchststrafe kommt nicht mehr vor. Die Tatsache aber du wünschst es dir, sehe ich bei dem Glühen, weil das allein den Menschen freimachen würde.
Und genau das passiert mit Orest.
Orest vollzieht diesen Spruch der Götter, er vollzieht den Wunsch seiner fanatischen Schwester.
Zu deiner Frage, das finde ich unglaublich spannend, ist sie sozusagen eine Ikone des Erinnerns, eine Ikone der Pflicht, nicht zu vergessen, die Erinnerung an den Vatermord aufrechtzuerhalten, oder ist sie eine Fanatikerin?
Und wir haben ja viele, also viele Situationen, sowohl im zwischenmenschlichen Bereich als auch im politischen Bereich, wo man sich diese Frage stellen kann.
Und meine Antwort wäre, das Riesenproblem, und das zeigen eben diese Mythen und vor allem auch diese dramatische Bearbeitung von Hugo von Hofmannsthal, das Riesenproblem ist, es ist kein entweder oder.
Wer eine Ikone des Erinnerns ist, muss ein Fanatiker sein. So einfach ist es. Es geht nicht anders. Möglich, dass wir das irgendwie brauchen und möglich, dass wir nicht vergessen dürfen. Aber der Preis dafür, der Preis der Courage, das ist ja das Thema des heutigen Vormittags, der Preis der Courage ist eben tatsächlich, dass es ohne Fanatismus, ohne Engstirnigkeit, ohne Lebensfeindlichkeit nicht geht. Es gibt von Friedrich Nietzsche aus seiner unzeitgemäßen Betrachtung über Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, diesen wunderbaren Gedanken. Da schreibt es gibt einen Grad von historischem Sinn, also von erinnern würden wir heute sagen, es gibt einen Grad von historischen Sinn, der tatsächlich absolut lebensfeindlich ist und uns am Weiterleben hindert. Das ist genau der Konflikt zwischen Elektra und Chrysodemis.
Er sagt nicht, dass alles Erinnern uns hindert, aber es gibt einen Grad. Das heißt, es ist eine Frage der Intensität.
Und jetzt muss man sagen, natürlich, um über Generationen hindurch ein Unrecht in Erinnerung zu behalten und nach Rache zu schreien, erfordert eine gewisse Form von Fanatismus. Weil jeder Pragmatiker würde irgendwann einmal vergiss es.
Glücklich ist, wer vergisst. Das ist auch kein dummer Satz aus dem Rosenkavalier.
Vergiss es und schau, was du jetzt machen kannst. Schau, was du in Zukunft machen kannst. Ich glaube, man muss das wirklich in dieser in dieser ineinander Verschränktheit sehen, diese beiden Seiten. Und was Orest betrifft, er lebt am eigenen Leib. Er ist der letzte in dieser sozusagen reicher Tantalinkette.
Tantalinkette. Er wird jetzt von keinem Verwandten mehr gejagt, sondern er wird von den Erinnern gejagt, von den Göttinnen des schlechten Gewissen.
[00:31:30] Speaker A: Eine großartige Erfindung, oder die Rachehündinnen.
[00:31:34] Speaker B: Die Windhunde schauen, die vertreten jetzt die Rache und verkörpern natürlich sein schlechtes Gewissen. Denn natürlich, weil es das größte Verbrechen begangen, was man begehen kann, nämlich die Frau, aus der ein Schossmann gekrochen ist, getötet. Das ist zumal in diesem antiken Kontext, wo das wirklich sozusagen das Kardinalverbrechen. Und er wird da von den Iranien nach Athen gehetzt. Und jetzt kommt das Interessanteste.
Ich weiß das alle von meinem Freund Michael Köhlmeier übrigens.
Nicht, dass sie glauben.
Nein, nein.
Jetzt kommt das interessanteste.
Und in Athen beschließen die beiden beteiligten Götter, nämlich Apollo und Pallas Athene wir machen jetzt Schluss mit diesem Rachegetue. Wir stellen Arrest vor Gericht. Das ist im antiken Mythos die erste Szene, wo Rache durch Recht ersetzt wird. Also nicht mehr Rache, sondern wir müssen Schluss machen. Wir machen ein ordentliches Gerichtsverfahren. Die Bürger von Athen sollen entscheiden, ob der jetzt schuldig ist oder nicht schuldig ist. Und egal wie das Urteil ausgeht, dann ist Schluss.
Und das ist die Idee. Das habe ich immer faszinierend gefunden.
Wir sind ganz stolz auf unser Rechtssystem und Rechtsstaat und dergleichen mehr. Wir dürfen nur eines nicht Der Rechtsstaat hat keine andere Aufgabe, als unsere Rachegelüste zu sublimieren. Das ist der Punkt.
Und jetzt kommt es zu diesem Gerichtsverfahren.
Die Anklage ist, er ist der Muttermörder, ist das größte Verbrechen, er muss schuldig gesprochen werden. Die anderen sagen, er muss freigesprochen werden, denn er hat sozusagen seinen Vater gerecht, der ermordet worden ist. Und es ist die Sohnespflicht, seinen Vater zu rächen.
Es haben damals noch im mythischen Athen die athener Bürgerinnen und Bürger abgestimmt, also Männer und Frauen.
Interessanterweise müssen die gleich stark gewesen sein, wahrscheinlich Ehepaare oder mythisch alle Frauen haben gesagt, Arrest muss verurteilt werden, denn er hat eine Frau getötet.
Klassischer Femizid, noch dazu in der eigenen Mutter.
Alle Männer haben gesagt, er muss freigesprochen werden, der hat seine Sohnespflicht erfüllt, und das kann kein Verbrechen sein, das man belangen kann. Und es ist genau Bari ausgegangen, Stimmengleichheit. Und daraufhin tritt Pallas Athene in den Kreis und ich werde jetzt entscheiden. Pallas Athene, die Göttin der Weisheit, die Frau tritt auf die Seite der Männer und sagt, Ores muss freigesprochen werden. Jetzt könnte man ein Unrecht, das zu Recht geworden ist, eine eindeutige Positionierung für patrilineares Denken.
Den Vater zu rächen ist sozusagen legitim, auch wenn dadurch die Frau, die Mutter getötet wird.
Aber wie immer, das man als das kann nur jedes Urteil wäre ein unrechtmäßiges Urteil. Es gibt keine Gerechtigkeit in der Welt. Aber wenn ich diese Ungerechtigkeit in recht verwandle, schaffe ich bessere Verhältnisse. Das ist sozusagen die Idee dieser Geschichte.
[00:34:59] Speaker A: Das ist ein total wichtiger Punkt. Und jetzt kommt ja etwas total Spannendes dazu, dass ja im Mythos dieser Prozess als ein geniales Bild, ein geniales, eine geniale Metapher letztendlich ja sozusagen das Naturrecht in ein Vernunftrecht umwandelt. Das ist das Entscheidende. Pallas Athene ist die Lieblingstochter, wie wir wissen, ihres Vaters Zeus. Das heißt, sie ist die Vernünftige, sie ist die Apollon gleiche Tochter.
Also darum geht es, dass sozusagen eine Frau sich auf das, was man für Vernunft hält, nicht Gerechtigkeit, für Vernunft hält, schlägt. Und das andere ist natürlich, dass ja diese Klytämnestra als die letzte Vertreterin des Matriarchats, des tatsächlichen politischen Matriarchats, und da geht es um Erblinden und so weiter, geht. Das heißt, dieser Prozess ist ganz klar die Abhandlung der Frage, was wurde mit Mutterrecht gleichgesetzt? Das wäre jetzt ein eigenes Symposium, aber nur um eines hier zu sagen, was damit natürlich gesetzt wurde, im Sinne dessen, wie man gar nicht Frauen, sondern Weiblichkeit, das weibliche Element, auch in Männern übrigens, davon hat Orestes viel, sieht, sagt man na gut, das ist ist wahnsinnig toll, das ist empathisch, das bringt was, bringt die Welt vorher, treibt Schiffe um, die Welt Krieg um Helena, aber irgendwie bluten wir aus dabei. Also dieses Recht, dass der Emotion folgt, der Stimmung folgt, das funktioniert so nicht. Und das männliche Recht im Sinne dessen, was man palas Athene folgend für Vernunft hielt, das ist das, das ab jetzt gelten soll. Es eine ganz interessante symbolische Abhandlung von Emotion und Vernunft. Wir kennen das alle aus modernen Diskussionen. Emotionale Intelligenz, analytische Intelligenz. Ich glaube, man muss da natürlich sehr aufpassen, dass das weibliche und das männliche, da geht sehr stark um Prinzipien. Es geht nicht darum, dass das nur Männer oder nur Frauen haben, sondern es geht um den Versuch eines Weltprinzip sich in einer Metapher anzuschauen. Das ist wahnsinnig spannend an diesem Fall.
Ich würde gerne noch ein bisschen bohren, weil ich das übrigens anscheinend, wie du so diesen Moment so une erklärlich und so spannend finde, auch so wirklich so sehr eine heutige Frage finde, dass nämlich diese diesen diesen Scheitelpunkt aus, wenn wir so wollen, erinnern und verzeihen. Also das gesagt, natürlich ist der der Erinnerungswarer. Ja, das muss der Fanatiker sein, sonst könnte das gar nicht durchdrücken. Oder dieser wunderbare Satz von Sloterdijk, der hat ein Projekt, also ein fanatisches Projekt, sonst hält das nicht so lange. Auf der anderen Seite ist, wie wir ja wissen und wie ja immer wieder diskutiert wird und wie auch offensichtlich ist, das Vergessen. Darum ging es gestern in diesem Stück, das um den Algerienkrieg ging. Das Vergessen dieser Wunden, das ja gleichbedeutend ist mit dem Zuschütten, mit dem berühmten unter dem Teppich kehren. Auch ein riesiges Pulverfass. Das lässt sich ja nicht bis zum gewissen Grad. Ich musste gerade bei deinen Ausführungen an das hervorragenden, hervorragenden Roman von Robert Schindl denken, der kalte, wenn du dich erinnerst, wo die Hauptfigur ein bisschen in Anlehnung an Wiesenthal und Sellmann ein Nazi Jäger ist und ist natürlich hochinteressant, dass der Buchtitel der kalte ist, weil der dieses Racheprojekt, wenn auch ein sehr ziviles, rationales in gewisser Weise von seiner Durchführung Racheprojekt nur durchführen kann. Das sagt er selbst über sich, weil er kalt ist, weil er das kalten revenge is a dish bessed cold. Also weil er dieses Rachegeriech nur kalt.
Und er spricht aber auch über diese Vereisung, über diese Unmöglichkeit, von diesem Trip sozusagen runterzukommen. Die Frage wäre doch also gerade natürlich, wenn man sich gesellschaftliche Verbrechen, politische Verbrechen, ob das jetzt der Holocaust ist oder alle diese Dinge, die jetzt in diesen weltweiten Bränden hochkommen. Es sind ja sehr stark Nationalitätenkonflikte, Herrscherkonflikte, bürgerkriegsähnliche Zustände. Die haben ja sehr stark mit der Frage zu tun, also was jetzt ist es? Ist es ist es couragiert, dieses Erinnern zu einem Siedegrad zu bringen, das eine Veränderung erwirken kann, wie es derzeit in der Türkei auf den Straßen passiert? Da geht es ja nicht nur um den Bürgermeister, es geht ja um ein Jahrzehnte, jahrhundertealtes Unrecht. Also Türkei ist ja nun wirklich geschlagen.
So, also ist das ein Akt der Courage?
Und wo ist der k Kipppunkt in den Fanatismus, der gibt es eine Befreiung oder muss man dem Erinnerer eine Chrysotemis zur Seite stellen, vielleicht sogar institutionell? Also wie ist diese Bias, diese Ambivalenz, wie du sagst, von der Notwendigkeit des Erinnerns und der gleichzeitigen Notwendigkeit des Versöhnens oder des Lösens zu begreifen? Wie könnte. Große Frage, da ist mir schon klar, aber wie könnte da die Menschheit oder zumindest Versuche aktueller Konfliktlösungen ein Schrittlein vorwärts kommen? Durch welche Gedanken, durch welche Lösungen?
[00:40:07] Speaker B: Es ist wirklich nicht ganz einfach.
Ich würde vorerst einmal Unterschied setzen zwischen verzeihen und vergessen. Verzeihen und vergessen sie nicht das Gleiche.
Oder man könnte vielleicht auch vergessen irgendwie weniger scharf formulieren als nicht erinnern, dann klingt es noch einmal anders.
Also an einem Verbrechen, weil es vielleicht ein historisches Verbrechen ist, das nicht zu einem Gerichtshof landet, gibt es nichts zu verzeihen. Das kann nicht gesühnt werden, das Verbrechen bleibt ein Verbrechen.
Also ich glaube nicht, dass wir hier mit einer Verzeihensrhetorik oder Verzeihensmentalität sehr weit kommen, weil die Menschen auch zugestehen muss, dass sie eben Unrecht, das ihnen angetan wird, für unverzeihlich halten. Und das ist bei allen diesen großen Verbrechen, im privaten übrigens genauso wie in politischen Zusammenhängen.
Das einzige, was man machen kann, ist, dass man auf der einen Seite, also schauen wir, dass wir rechts, genau in dem, was wir vorhin gesagt haben, dass wir in Rechtsverhältnissen leben wollen, wo solche Verbrechen unter juristischen Gesichtspunkten bestraft, unter Anführungszeichen, jetzt werden können oder Täter zur Rechenschaft gezogen werden können.
Auf der anderen Seite, wenn das nicht der Fall ist, was bei politischen Verbrechen ja sehr oft, es gibt ja das, was die obersten Gerichtshöfe da entscheiden mögen irgendwo. Wenn die politischen Machtverhältnisse an das sehen, dann spielt das überhaupt keine Rolle. Wir alle wissen, nachdem die NATO Belgrad bombardiert hat, war Milosevic schutzlos und er konnte noch Den Haag ausgeliefert werden. Putin werden wir dort nie sehen, das ist jedem klar. Da kann man noch so pathetisch eine internationale Gerichtsbarkeit anrufen, das ist das eine. Und wenn das eben nicht möglich ist, das wirklich in Rechtsformen überzuleiten, dann stellt sich die Frage, zwar nicht verzeihen, aber auch nicht immer und ständig daran erinnern. Es gab ja in der antiken Kriegslehre, die bis in die Neuzeit gegolten hat, auch die Überlegung, wenn man wirklich zu einem Friedensschluss kommen will, dann muss man alles vergessen, was vorher war, sonst wird der Friede keinen Bestand haben. Denn sobald einer anfängt, das wieder auszugraben und zu ja, wir haben uns einen Frieden geschlossen, aber ich möchte doch erinnern, dass mein Volk doch viel, viel mehr darunter gelitten hat als du. Und sobald man wieder die Ressourcen hat, wird man natürlich dann den nächsten Konflikt vom Zaun brechen. Das heißt, das Vergessen und das Vergessen können oder sich nicht ständig bewusst erinnern wollen.
Das Gedächtnis ist ja auch so ein ganz eigentümliche Institution in uns. Es ist ja keine Festplatte, auf der alles gespeichert ist, sondern es ist eine Potenzialität. Und wir alle wissen, dass wir uns an manche Dinge erinnern wollen, sie fallen uns aber nicht ein.
Und manche Erinnerungen drängen sich auf und an das wollte ich mich gar nicht erinnern.
Weshalb es immer, sowohl für Individuen als auch für Kollektive, glaube ich, ganz wichtig ist, sich zu überlegen, wie gehe ich mit diesem Erinnerungsvermögen um? Und ich kann natürlich durch Erinnerungen sozusagen Wunden ständig offen halten.
Also wenn ich jedes Jahr erinnere an eine schwere Niederlage, einen Überfall, irgendetwas, dann werde ich aus diesem Zirkel nie rauskommen.
Das ist natürlich von Opfern sehr viel verlangt, sich nicht zu erinnern oder die Erinnerung nicht pausenlos zu aktivieren.
Und ich glaube, man kann das ihnen auch nur zumuten, indem man ihnen Perspektiven bieten.
Das finde ich schönen Gedanken. Chrysotemis als institutionalisiertes, sozusagen als einen Institut.
[00:44:15] Speaker A: Rechtsbeistand.
[00:44:17] Speaker B: Rechtsbeistand, der dann bei jedem wir haben jetzt in Österreich in diesem Jahr 2025, es ist ein Erinnerungsjahr 1945 Ende zweiter Weltkrieg, 1955 Staatsvertrag, 1995 Beitritt zur europäischen Union. Es werden sehr viele Erinnerungsveranstaltungen stattfinden, an etlichen werde ich auch teilnehmen. Das heißt, ich übe jetzt schon ein bisschen.
[00:44:40] Speaker A: Was alles in wiener Neustadt beginnt.
[00:44:42] Speaker B: Und da könnte man natürlich auch ja, es ist gut, dass wir diese Erinnerungen jetzt kultivieren, institutionalisieren, dass wir Gedenkveranstaltungen haben. Aber man muss immer jemanden dort stehen, der so wie die römischen Triumphatoren noch einen siegreichen Feldzug haben, seinen Triumphzug nach Rom machen dürfen, auf dem Streitwagen, und das ist totalisiert hinter ihnen ein Sklave gestanden hat, einen siegreichen Imperator unablässig ins Ohr geflü vergiss nicht, dass du sterblich bist, also werd nicht übermütig.
Das würde manchmal unseren Potentaten auch gut tun.
Die tun ja so, als würde das alles für sie nicht mehr gelten. Und die römischen Imperatoren waren genauso gefährdet von dieser Hybris. Und da könnte jemand isolieren, der sagt, also bei aller Erinnerung, vergiss nicht, dass wir heute leben, vergiss nicht, dass wir morgen auch noch leben wollen und unser Leben und unsere Zukunft, es ist die Erinnerung nicht wert, unser Leben und unsere Zukunft zu zerstören. Also halte Maß im Erinnern. Und das wäre vielleicht auch der Punkt gewesen, auf deine Eingangsfrage zurückzukommen, der Punkt gewesen, wo in dieser Kette sozusagen der Racheprojekte jemand hätte aufstehen können und sagen können, heute, das ist schon richtig, dass das furchtbar ist und dass man das nicht vergessen soll, aber gibt es vielleicht auch ein gewisses Maß im Erinnern?
Genügt es vielleicht, muss man den wirklich umbringen? Genügt es vielleicht nicht, hin und wieder darauf aufmerksam zu machen, was er hier eigentlich angestellt hat und ob er vielleicht in sich gehen kann oder ob er sich sozusagen dem einmal stellen will, muss er ja nicht gleich mit derselben Wachst erschlagen, mit dem er jemanden erschlagen hat. Und interessanterweise, weil du auch gesprochen hast von diesem Gewaltregime, das Ägist aufgerichtet hat in dieser Hofmannstaschen Fassung, und das hat mir immer irgendwie seltsam gestimmt, also seltsam berührt, dass Ägist auf der einen Seite wirklich ein Gewalttäter war, auch durch seine ganze Vorgeschichte, ich glaube, er war ja Brudermörder und alles mögliche, und er war.
[00:47:00] Speaker A: Ziemlich schlau, er war weniger Gewalttäter als er Gemeinden und er war ein modernerer.
[00:47:05] Speaker B: Und er wird dann trotzdem gern als lächerlich dargestellt. Jetzt könnte man sagen, auf der einen Seite ist das natürlich eine Art und Weise, sozusagen unsere Kritik Gewalttätern gegenüber zum Ausdruck zu bringen, machen sie lächerlich. Und auf der anderen Seite hat man immer die Gefahr, man unterschätzt sie dadurch. Also wir haben acht Jahre lang Trump lächerlich gemacht, das Lachen ist uns mittlerweile vergangen. Das heißt also, vielleicht war es ein Fehler, ihn lächerlich zu machen, vielleicht hätte man ihn ernst nehmen sollen von allen Anfang an.
Aber das interessante ist, nachdem das Stück heute am Nachmittag aufgeführt wird, und ich nehme auch, dass nicht gestrichen worden ist, darf man das ja zitieren, wie macht Elektra diese Ägypter lächerlich? Indem sie sagt, er ist ein Weib, er ist gar kein Mann, er ist gar kein Held, er ist gar nicht mutig, er ist einfach weibisch. Das heißt, weibisch war abfälligste, was man ein Mann sagen konnte. Und das ist ja genial bei Hofmannsthal. Also er sagt, also sie sagt da irgendwie, wie Ägypter und Klettiner kommen, da kommen die zwei Weiber, dann fragt die Schwester, wieso, das ist die Mutter und ihr Mann, sage ich auch zwei Weiber, das ist das eine. Und das andere ist, es gibt in diesem Stück von Hofmannsthal tatsächlich eine random Randfigur, die andeutet, wie man anders hätte damit umgehen können, nämlich die fünfte Magd.
Es sind vier Mägde, die sich dem Terrorregime von Egisto und Clytemestra unterwerfen, die dann auch auf die Elektra einschlagen, zumindest verbal, also praktisch das fortsetzen. Also die Untergebenen, die die Linie der Herrschaft fortsetzt und dann noch einmal drunter schlägt, kennen wir. Aber es gibt eine Stimme, die opponiert. Und das finde ich also wirklich genial. Eine Stimme, die opponiert. Und das ist auch die Stimme einer Magd, also von ganz unten. Und die hat Mut genug zu ich mache da nicht mit, ich schlag nicht auf die Lektor ein. Ich kann mir das auch anders vorstellen. Und schaut doch, wo liegt denn wirklich Recht und Unrecht?
Und ich glaube, um solche Stimmen geht es. Und ich bin hofersteuer bis heute dankbar, dass er das einkomponiert.
[00:49:19] Speaker A: Es ist ein sehr subtiler und großartiger Remark, das überlesen nämlich die meisten.
Das Bemerkenswerte daran ist, was löst, das sind interessante Fährte, was löst diesen Mut dieser einen alternativen Stimme und die Proportionalität sagt ja alles, also die fünfte übrigens erst ganz zum Schluss sich ermächtigt, was löst die aus? Das ist hochinteressant, weil die ganze Zeit wirst du die geschlagen, dann sagt jetzt trifft wieder die Mutter, dann spürst du wieder Granada, es wird wieder ein schrecklicher Tag, sagen wir alle, es ist morgen. Und dann fangen diese böse Wiener würden sagen Waschweiber, das ist so wirklich ein geknechtetes, aber auch irrsinnig subalternes Volk da mittlerweile unter dem Ägist.
Die fangen jetzt plötzlich an, als wäre das ihre Tochter, die Elektra zu beschimpfen. So quasi, die hat einen Knall und man hat keinen gefunden. Also wirklich diese Königstochter auf primifizierte Weise zu beschimpfen. Und das triggert diese fünfte Magd. Also die handelt da eher im Sloterdijk' schen Zorn. Das ist nicht überlegt. Die überlegt sich nicht, dass sie dann wahrscheinlich in den Turm geworfen wird, sondern das hält sie nicht aus, dass der Moment. Und sie sagt dann, bemerkenswerterweise antwortet sie im Original mit dem es gibt nicht niemand, der königlicher ist als Elektra. Also sie sagt quasi so mit Andrea Preetz Zitat gesagt wir sind ja hier nicht bei Hempels unterm Sofa. Ja, also ihr könnt die mögen oder nicht mögen, aber eines ist unbestreitbar, die ist uns weit überlegen. Also das regt die so wahnsinnig auf. Also sie will irgendwie ein Prinzip, das mehr ist, als sie selbst, die da in Verzweiflung kriegen, anerkennen dürfen. Das finde ich total bemerkenswert.
Vielleicht eine Bemerkung noch zu deinem, zum Ägiest, weil, also ich meine, man muss nicht ständig, es ist ein bisschen wie bei Lord Voldemort. Ich habe immer das Gefühl, je mehr man den Namen Trump sagt, desto größer wird er. Deswegen, wir müssen aber trotzdem der Hermit.
Es ist, es ist wirklich erstaunlich. Das ist das tolle an Mythen. Immer wieder gibt es so Lookaliker Likes. Steven Grimblad hat in the Tyrant ein großartiges Buch darüber geschrieben.
Und dieser merkwürdige Mann an der Spitze der nicht mehr freien Welt ist, ist, ist sehr vergleichbar mit Ägypt.
Es gibt sowohl dieses Moment des Weibischen, ja, also dass das Solarium, man sieht immer diese weißen Augen, weil er die Augenklappen drauf hat und die diversen, wer den Film gesehen hat, die Apprentice, sehr zu empfehlen über also diese Trump Biografie, also das ist ja auch eine Zurichtung seiner selbst bis hin zum zur blonden Tolle und so weiter. Die ist jetzt ein bisschen anders geworden, die man normalerweise nur bei Frauen kennt und die im übrigen bei ihm ja auch wenig nützt, aber das ist ja oft so. Also das heißt, es gibt einerseits dieses weibische, zum anderen, und das ist auch bei Ägis der Fall, gibt es dieses, diesen von Elektra, die ja was sehr männliches hat, diese Kritik an diesem lächerlichen Womanizer, denn das ist Ägist auch wieder anders als Agamemnon. Es ist nicht der große Heerführer, der die Leute durchs Tor schleift, sondern es ist tatsächlich sind also auch in der Antike offensichtlich, da wird so sehr merkwürdig darüber geredet, auch am Hof, heute würde man sagen Klötemnestra, also die immer noch offensichtlich als sehr attraktive Mutter und Ägist ineinander versetzt. Das ist ein bisschen wie bei Strindbergs Totentanz, also eine Anziehung und Abstoßung dieser beiden Hauptfiguren. Und dieses Thema, dass dieser oberste König noch dazu jemand ist, der, ich sage nur i grab them by the pussy, der sozusagen macht mit einer permanenten, in jedem Sinn obszönen Sexualisierung verbindet. Auch das ist Elektra, die ja etwas Rigides hat und es auch von sich selbst sagt, ich konnte nicht anders, sagt sie zutiefst abstößt. Also diese merkwürdige, der wird auch, das sieht man dann im Stück, wird auch als, auch als griechischer Beiname ist auch immer wieder der Bock. Der Bock in Hausschlapfen. Ja, so wird man ihn auch ein bisschen sehen. Also diese merkwürdige Mischung eines Niedergangs. Also immerhin die Geschichte, die sich als Operette oder Komödie wiederholt. Der Agamemnon war fürchterlich, aber Elektra sagt, das war doch immerhin irgendwie ein Mannsbild, ein Herrscher, ein Potentat, ein Bezwinger der Winde. Das ist ja eine buffo Figur, eine widerwärtige. Und ich meine, diese buffo Figuren kommen, wie wir sehen, an die Macht. Also man muss offensichtlich noch nicht mal attraktiv, schlau, mächtig und skrupellos seines reicht das alles auch in einer in einer Karikatur. Also da der König vermischt sich selbst mit dem Clown, sozusagen absurderweise real. Ja, das ist sehr, sehr interessant an dieser Lebendigkeit der Mythen. Das andere ist die Erinnerung, wie du gesagt, das ist etwas, das reparieren kann, das aber eben auch immer wieder aufreißen kann.
Also die Kruste ab, das Blut kommt raus. Wenn man das aber jetzt umdreht oder nach vorne dreht, und darum geht es einerseits ein bisschen in dem und der Film anderen im zweiten großen Stück des Festivals. Aber vor allem ist es auch eine sehr aktuelle Frage und eine, die du auch schon mit gestreift hast. Es gibt ja sozusagen diesen, wenn man so will, diesen Mut des Aufreißens oder auch diesen unvernünftigen Mut nach rückwärts betrachtet. Es gibt aber auch die Kassandra Sorge nach vorne betrachtet. Also wenn in Staaten, und das ist ja im Moment anscheinend unser Hauptproblem, wo die Demokratie handfest gefährdet ist, wo eben die Gerichtsbarkeit der Vernunft scheinbar abgeschafft wird, und zwar in rasender Geschwindigkeit, dann geht es ja mehr um eine, um einen muss man nicht Kassandra sein dazu, um herauszufinden, wohin das münden wird. Und Anfänge spüren wir ja auch hier, ohne das jetzt schwarzmalerisch zu sehen. Das sind also wirklich verglichen sehr kleine Anfänge. Aber dennoch, wie sieht es da mit der Courage aus? Also wenn sozusagen die Vernunft Luft zu kippen droht im Sinne der Freiheit der Demokratie, wie sie da diese merkwürdige Grenze zwischen einem, einer Fanatisierung, die nichts bringt, ob das jetzt eskalierende Gewaltaufmärsche sein sind, bis hin zu Selbstmordattentätern. Das sind ja auch Rebellionen. Das sind ja auch unvernünftige Rebellionen sozusagen. Also wie sieht die Grenze zwischen sie wehren in Sorge um den, um den Verlust von Recht und Freiheit zu einem fanatisierten, schwarzmalerischen sich einbunkern aus?
Wie kann man das unterwegs oder kassandrisch und nicht erst ex post beurteilen? Und wie kann man handlungsfähig bleiben?
[00:56:14] Speaker B: Ich glaube, beurteilen als unmittelbar Betroffener oder als Zeitgenosse kann man das immer sehr, sehr schwer.
Wir kennen die Zukunft einfach nicht.
Es wäre fein, wenn wir alle Kassandra Potenziale hätten.
Die haben wir nicht. Wir können nur die Zeichen der Zeit versuchen zu lesen und zu interpretieren.
Und auch da wird es davon abhängen, ob wir die richtig sehen. Man kann sich natürlich darüber wir alle haben das Unbehagen, dass die Demokratie, der Rechtsstaat, also das, was wir in den letzten halben Jahrhundert in Europa, Nordamerika aufgebaut haben, dass das schwer gefährdet ist.
Man kann sich natürlich überlegen, was sind die Gründe, was sind die Ursachen dafür und vor allem, von welchen Seiten ist das gefährdet?
Also meine große Sorge oder mein großes Unbehagen besteht darin, dass das von verschiedenen Seiten gefährdet ist.
Das Heißt, es wäre einfach, wenn man da jetzt nur eine Figur hätte oder eine Bewegung hätte, eine politische Partei hätte, man sagen kann, es ist völlig klar, die sind gegen die Demokratie, gegen die kämpfen. Dann hätten wir klare Fronten. Aber wir haben nicht klare Fronten. Wir haben in Deutschland die AfD und wir haben tausende von Menschen, die auf die Straße gehen und brüllen, das Kalifat ist die Lösung. Das offensichtlich nicht die gleichen. Aber beide finden die deutsche Demokratie ziemlich überflüssig.
Die einen glauben, ihr völkisches Konzept reicht aus und die anderen glauben, wenn wir sozusagen das Kalifat hier einführen und die Scharia, dann ist Deutschland wieder in Ordnung.
Glaube ich nicht, ehrlich gesagt. Weder das eine noch das andere. Aber jetzt haben wir schon mal zwei Bedrohungen der Demokratie und so bestimmtes Misstrauen gegenüber dem Rechtsstaat oder auch versuchen, den Rechtsstaat zu missbrauchen oder abzuschaffen von Seiten ich habe immer eigentlich gedacht, dass die amerikanische Verfassung und die Republikaner stehen auf dem Papoten der Verfassung stark genug ist, dass diese lang, zwei Jahrhunderte lange Rechtstradition nicht innerhalb von sechs Wochen auszuhebeln ist.
Auch da muss man sich offensichtlich eines besseren belehren lassen. Das heißt, wir sind da auch jetzt mit unerwarteten und überraschenden Entwicklungen konfrontiert, die man vielleicht so dann doch nicht wahrgenommen hat, ohne jetzt genau wissen zu können, wozu das führen wird. Und das Problem, was ich überhaupt jetzt mit dieser, nicht mit der Frage habe, sondern mit dem Versuch habe, diese Frage zu beantworten, wie reagiert man darauf?
Also ich habe immer so Schwierigkeiten, anderen zu empfehlen, doch couragiert zu sein.
Sondern ich finde, Courage ist etwas, was man immer an sich selber richten muss.
Das heißt also, ich kann jetzt nicht amerikanischen Richtern empfehlen, du lasst euch vom Trank beeindrucken, beruft euch auf die Verfassung.
Ich kann nicht jetzt einer zukünftigen deutschen Bundesregierung schaut bitte, dass das Grundgesetz eingehalten wird. Nein, ich kann nur an mich selber die Aufforderung richten, wo ich das Gefühl habe, dass hier grundlegende Freiheiten, die mir wichtig sind, die mir wert sind, die auch mit meiner eigenen Lebenstätigkeit zu tun haben, für mich als schreibender Mensch ist die Freiheit des Wortes z.B. uns unabdingbar. Und ich wäre allergisch gegen jeden, egal ob von rechts oder von links, muss ich ehrlich sagen, ich mache da keinen Unterschied. Ich wäre allergisch gegen jeden von rechts oder von links, wo ich das Gefühl habe, der sieht das nicht so gern, dass es die Freiheit des Wortes gibt. Der würde mir gern etwas entziehen oder gern vorschreiben, wie ich zu denken, wie ich zu schreiben, wie ich zu fühlen habe. Das mag ich nicht. Und ich denke, da ist dann der Punkt, wo ich mir denke, aber wenn das nicht magst, dann müsstest du auch mal was dagegen sagen zumindest.
Oder dagegen anschreiben oder je nach Situation.
Das heißt, ich kann nur sagen, wenn uns diese sogenannten Werte wie Freiheit und Demokratie wirklich wert sind, dann muss man sie auch jeder dort wo er steht, jeder dort wo er lebt, jeder dort wo er arbeitet, dort müssen sie verteidigt werden. Und dort müsste man die Courage aufbringen, etwas zu sagen. Und ich muss ehrlich sagen, ich bin da nicht wahnsinnig zuversichtlich, weil ich das Gefühl habe, Courage bedeutet das Thema ist der Preis der Courage.
Courage bedeutet ja, zumindest in unseren Breiten, zumindest in letzter Zeit, hat er nicht bedeutet, dass man sein Leben einsetzt, um gegen irgendwas zu protestieren oder so.
Das Schlimmste, was hier jemandem passieren kann noch, ist vielleicht, dass man auf Social Media Shitstorm kassiert oder dass schlecht über einen geredet wird.
Aber meine eigene Erfahrung ist nur eine kleine Anekdote aus meinem kleinen Leben, wie das sogenannte Bologna System an österreichischen Universitäten eingeführt werden sollte, das ich für in hohem Maße missglückt halte. Wirklich ein Angriff auf die Freiheit der Wissenschaft, habe ich das so empfunden. Vielleicht habe ich mich auch geirrt, ist egal, aber damals, vor 20 Jahren habe ich das so empfunden, habe ein Buch darüber geschrieben, wo ich das scharf kritisiert habe und Dutzende Kollegen sind auf mich zugekommen, gratuliert, endlich sagt es einmal jemand.
Und dann hab ich und warum sagst du das nicht? Naja, du weißt, ich möchte gerne Dekan werden oder ich brauche noch ein Forschungsprojekt oder ich brauche noch das.
Und da ist nichts gegangen. Das waren lauter Professoren mit unbefristeten Verträgen, denen nichts hätte geschehen können, außer dass sie vielleicht ein Forschungsprojekt nicht durchbringen oder dass man im Institutspausenraum über sie tun.
Das wäre alles gewesen. Aber das war schon zu viel, um das zu sagen, was sie wirklich gedacht haben.
Und ich denke, wenn das da schon, wo es um fast nichts geht, schon so problematisch ist, wie wird es dann werden?
[01:02:46] Speaker A: Da möchte ich anschließen, weil es ist im Grunde mit ein Grund und das ist ja logisch in diesen, wie du richtig sagst, in den Breiten, in denen wir leben. Warum das Thema Courage ist das ja natürlich, obwohl ich es auf meinem T Shirt trage, im Sinne der Beschäftigung mit diesem Jahresmotto in keiner weise so gemein gemeint ist, dass irgendjemand das besser könnte als jemand anderer. A priori. Es ist immer einfach ein Entschluss oder ein mit Abtei gesagt, ein Spring doch. Ja, also was bringt einen aber zum Schwingen, zum zum, zum Springen. Ja, aber im Grunde ist mit die Ursache für dieses Festival Motto, dass ich genau durch solche Erlebnisse, deswegen beide kennen wir universitäre sehr gut, universitäre Systeme. Gut von ihnen. Du bist Professor für Philosophie, ich bin für Theaterregie. Das heißt, wir kennen das. Wir kennen auch den Oberbau, wie das so schön heißt. Heißt es spricht die wirklich, was das betrifft, gesicherten Existenzen.
Und eine Universität ist natürlich, wie auch das Theater. Ich habe das Vergnügen, beides, also das manchmal zweifelhafte, beides beobachten zu können. Erste Reihe, Fuß frei aus nächster Nähe.
Und ich meine, wir würden hier jetzt uns Stunden Anekdoten erzählen können, aber es ist abenteuerlich, wie selbst bestens bestellte, nicht gefährdete Menschen für die, wie man so schön sagt, für die größere Convenience in einem kleinen Punkt, also schlicht und ergreifend Bequemlichkeit bereit sind, die Großmutter den Kollegen, Kollegin zu verkaufen. Das ist erschreckend.
Die Frage, die sich daraus ableitet. Und insofern hast du mir den Gefallen einer eleganten Umleitung getan mit deinem mit deinem Gedanken.
Das ist immer so ein bisschen wie so ein Nationenfussball. Das meine ich jetzt gar nicht. Aber du hast viel über Mentalitäten auch publiziert und natürlich auch über österreichische, weil hier sind wir nun mal. Das ist unser Biotop. In dem Stück von Qualtinger Merz geht es um viel. Es geht um.
Es gab eine wunderbare zeitgenössische Zusammenfassung des ja sehr intelligenten Kritikers Oskar Fritz Schuh, wo er gesagt hat, in Wahrheit ist die Hauptrolle erstens die Katastrophe und zweitens geht es darum, was passiert, wenn das subalterne Mittelmaß oder schlicht und ergreifend ein auf Untertanentum gedrillter Staat mit der Figur der Katastrophe, die naturgemäß, wie du sagst, schnell kommt, die klopft nicht freundlich an die Tür und sagt, ich komme dann in ein paar Jahren. Die ist einfach da.
Und diese Leute in keiner Weise irgendeine seelische, moralische oder sonst irgendwie praktische, vor allem Zurüstung für diese Katastrophe. Und das ist, finde ich, das Aktuelle an dem Stück. So, das heißt, die Frage wäre schon ein bisschen, du sagst, du bist nicht zuversichtlich und ich glaube, das wird dir ist die ewige Begegnung zwischen Theatermenschen, denen natürlich ein gewisses Pathos eignet, das ist eine berufliche Deformation und und Philosophen oder Wissenschaftlern, die natürlich mit Recht auf die langsamere Entwicklung der Dinge und die Ambivalenz aller Dinge hinweisen.
Aber so ist nun mal unsere Rollenverteilung. Zuversicht hin oder her, es wird wird, es wird ja wichtig werden. Also ich meine, das begreifen wir natürlich noch nicht so ganz, aber wir haben jetzt an vielen Dingen gesehen, wie schnell Dinge näher rücken können und wie schnell also wirkliche Katastrophen für ein Rechtssystem also mit letzter Not noch abgewendet werden können. Das ist ja irre.
Gibt es irgendeinen Denkweg, wie man diese Zuversicht in Hinsicht einer gewissen Aufmunitionierung der nicht des Heldenmuts, aber der Courage, der Möglichkeit, man kann auch Nein sagen oder man kann auch zu etwas ja sagen, wolle andere Nein sagen. Also wie kann man diese Möglichkeit, dass man daran nicht gleich stirbt im Power. Und jetzt ein letzter Wurmfortsatz noch zu der Frage, was mich daran so besonders interessiert, auch gerade in Gesprächen mit Kolleginnen aus Rumänien, Israel, die hier auch gastiert haben in den letzten Jahren, die uns alle dasselbe gesagt haben, nämlich ihr, also wir Mitteleuropäer, wenn es sowas gibt, auf jeden Fall Österreicher, schaut ein bisschen auf uns herab und sagt, es ist ja schlimm, wie es in Istanbul so geht oder in Tel Aviv. Entsetzlich. Das ist aber toll, dass ihr so viel demonstriert.
Und er sagt immer, wir wundern uns immer, mit welcher so mitleidigen, schulterklopfenden Art ihr uns das sagt, weil es ist bei euch nicht so wahnsinnig weit weg. Und zwar aus dem einzigen Grund, dass auch wir gedacht haben, naja, ein bisschen Justizreform, ein bisschen eine rechte Partei gewinnt mehr und mehr.
Ich meine das jetzt nicht nur im Spektrum, ich meine es im Sinne des Demokratieentzugs ein bisschen. Es wird anstrengend an den Unis, es wird ein bisschen unbequemer. Alle russischen Dissidenten, israelischen Freunde, türkischen Künstler, mit denen ich gesprochen habe, haben mir gesagt, es ist letztlich hat sich das wahnsinnig schnell aufgetürmt aus diesem multiplen Wegducken. Also oder anders gesagt, wenn wir, wenn wir in der nicht Zuversicht verharren, dass das irgendwie mit der Courage oder der kleinen, kleinen, zarten Courage nicht klappt, wird irgendwann der Heldenmut nötig sein. Und den braucht ja keiner, oder? Das ist sicher das Letzte, was wir uns wünschen als Kenner der Mentalität. Siehst du irgendein Gegengift oder ein Gift?
[01:08:02] Speaker B: Keine Debatte über toxische Strategien noch anfangen.
Ich brauche, glaube ich, kein Gift, man braucht ein Gegenmittel.
Natürlich kann man jetzt die Dosis machen, kann man natürlich sagen, es stimmt schon, es geht schon um die Dosis. Und natürlich wäre es besser, anstatt dann irgendwie wieder helmütig sein zu müssen und sein Leben riskieren zu müssen, um Freiheitsrechte aufrechterhalten zu können, zurückzukämpfen, wäre es besser, wie ich vorhin schon sagte, vor Ort couragiert zu sein.
Das interessante ist, wenn es um Demokratie geht, wenn es um Freiheit geht, ich habe erst vor kurzem, werde ich dann an einem gearbeitet hab bei dem Autor, wo man das gar nicht so vermuten würde, nämlich bei Karl Marx.
[01:09:02] Speaker A: Ich habe gedacht, Karl May, jetzt bin.
[01:09:04] Speaker B: Ich leider nicht Karl May, zu dem kommen wir am Schluss aber noch.
Aber bei Karl Marx, in einem seiner ersten Texte, die überhaupt publiziert hat, den hochinteressanten Satz kein Mensch ist gegen die Freiheit, aber jeder ist gegen die Freiheit des anderen.
Das ist der Punkt. Das ist der Punkt. Und ich glaube, Demokratie, wenn man sie wirklich ernst nimmt, bedeutet ja nicht, dass ich alles tue, damit ich meine Freiheit leben kann, sondern Demokratie würde bedeuten, dass ich alles tue, damit der andere seine Freiheit leben kann. Und das schaffen wir nicht, das merken wir. Also das, was wir für nicht akzeptabel, sanktionswürdig halten, dem wollen wir keine Freiheit zugestehen. Und vielleicht ist auch ein Problem, das wir zu tun haben, dass wir auch etwas vorschnell sind, damit Demokratiefeinde zu identifizieren. Womöglich sind wir selber. Ich habe immer das Gefühl, Dinge sind für mich erst dann so wirklich durchdacht und durchreflektiert, wenn man sich die Frage gestellt wenn das, was ich gerne hätte, das, was ich möchte, was ich jetzt für richtig halte, wie wäre es, wenn das auch für den anderen gelten würde? Wie wäre es, wenn das Gesetz, das ich jetzt anstrebe, für mich in die Hände des anderen käme?
[01:10:32] Speaker A: Es wäre zumindest ein gutes Rezept. Für Koalitionsverhandlungen.
[01:10:37] Speaker B: Für Koalitionsverhandlungen aller Art übrigens.
Das ist das eine.
Das zweite, was ich noch sagen wollte, ich mach, das ist vielleicht eine philosophische Marotte, ich mache einen kleinen Unterschied zwischen Zuversicht und Hoffnung.
Das heißt also, ich bin nicht sehr zuversichtlich aufgrund historischer Erfahrungen, aufgrund von Mentalitätszuschreibungen, weil es ziemlich heikel ist, aufgrund der Erfahrungen, wie Menschen agieren, wobei man nie weiß, wie dieselben Menschen, die jetzt so agieren, dass man denkt, mein Gott, hätte es aber auch anders machen können oder ein bisschen couragierter hätte schon sein können. Man weiß nicht, wie die in extremen Situationen agieren.
Man weiß selbst nicht.
Ich bin ein großer Anhänger dieser aus der existenzialistischen Philosophie stammenden these, wer man ist, weiß man immer erst nach der Tat.
[01:11:33] Speaker A: Gaskol.
[01:11:34] Speaker B: Genau. Das passt ja wunderbar zu unserem Theaterbühne. Nach der Tat weiß ich vorher prognostizieren kann ich alles mögliche. Manches wird eintreffen, vieles wird nicht eintreffen. Aber wer ich wirklich bin, wozu ich wirklich fähig war oder wozu ich wirklich nicht fähig war, weiß ich erst, wenn es so weit gewesen sein wird.
Da bin ich vielleicht nicht sonderlich zuversichtlich.
Auf der anderen Seite, Hoffnung bedeutet, sich trotzdem einen Raum offen zu halten. Trotzdem, das ist entscheidend.
Wir haben mal die Hoffnung definiert als das große trotzdem.
Trotzdem einen Raum offen zu halten, der Perspektiven hat, der offen ist, der Möglichkeiten andenkt, auch wenn sehr viel in der Wirklichkeit dagegen zu sprechen scheint. Ich bin nicht zuversichtlich, dass es über kurz oder lang zu einem wirklich stabilen Frieden in der Ukraine kommen wird, aber ich hoffe es.
Und ich denke, ohne diese Hoffnung könnte man auch keine keine Strategien entwickeln, keine Verhandlungen führen, keine Optionen, keine Szenarien überlegen. Und ich glaube, das ist notwendig und gehört auch zu unserer Zukunftsperspektive dazu. Und dazu gehört es auch.
Hoffnung ist sozusagen auch immer so Gegenprogramm zu einer zu starken Vergangenheitsfixiertheit. Denn wer nur in der Vergangenheit fixiert ist, hat eigentlich keine Hoffnung. Hoffnung, der von mir so sehr geliebte, obwohl ich ihn nicht wirklich verstehe, aber das macht ja nichts, geliebter Philosoph Sören Kierkegaard hat sich einmal die Frage gestellt, das passt vielleicht ganz gut jetzt, hat sich einmal die Frage gestellt, wer ist eigentlich der unglücklichste Mensch?
Wir fragen, wer sind die glücklichsten Menschen? Wie sie wissen, nach letzter Untersuchung, die Finnen.
Die Finnen sind die glücklichsten Menschen. Die Österreicher sind auf Platz Platz 27.
Es gibt 26 Staaten, wo die Menschen glücklicher sind als wir.
Ich glaube es nicht, aber soll so sein.
Und Kierkegaard fragt aber umgekehrt, wer sind die Glücklichsten, sondern wer sind die Unglücklichsten? Und er gibt diese wahnsinnige der unglücklichste Mensch ist derjenige, der entweder nur in der Vergangenheit oder nur in der Zukunft lebt.
Denn der muss unglücklich sein. Der nur in der Vergangenheit lebt, dann wird die ganze Gegenwart vermisst durch eben das Elektrosyndrom, würde ich sagen, dieses Bearbeiten müssen der Vergangenheit. Und der nur in der Zukunft lebt, kann keine Freude am Leben haben, weil er sich ja denkt, alles, was ich jetzt tue, ist praktisch nur vorläufig, ist eigentlich nichts, sondern das Eigentliche kommt ja erst in der Zukunft.
[01:14:19] Speaker A: Eigentlich beides Kollateralschäden bzw. Preise der Korrelation.
[01:14:23] Speaker B: Das sind Preise der Courage. Ja, genau. Deswegen denke ich, wenn man diese Zuversicht oder diese Hoffnung aufrechterhalten will, dann bräuchten wir vielleicht ein stärkeres Bewusstsein für Gegenwärtigkeit. Für Gegenwärtigkeit, weil wir leben ja jetzt. Es ist ja jetzt unser Leben. Und ich halte nichts davon, dass wir jetzt dieses Leben opfern müssen, damit irgendwann irgendjemand einmal vielleicht was hat davon. Das mag manchmal ein wichtiges Motiv sein, die Zukunft als Zukunft im Blick zu behalten. Und das genauso wie bei der Vergangenheit. Es geht um den Grad, ich darf mich davon nicht ersticken lassen, genauso wenig wie ich mich von der Vergangenheit ersticken lassen darf.
[01:15:03] Speaker A: Vielleicht eine ganz kleine, nur eine winzige, aber mir wichtige Abzweigung an dieser Stelle. Dieses Leben in der Gegenwart, das ist übrigens ein großes Theaterthema, weil das interessant wäre. Mal der nächste interessante Diskussion. Das Drama. Also im Lesen ist das schon so, auf der Bühne ist es existenziell. Damit verbringen wir drei Jahre am Seminar. Wir haben Gott sei dank bologna nicht, wir sind immer noch im Magistersystem. Es war ein schwerer Kampf, da war.
[01:15:27] Speaker B: Mutig, darum wäre es gegangen. Das hätten auch andere Institute oder Fakultäten haben.
[01:15:35] Speaker A: Wir haben es immer noch, weil wir wissen und beweisen können in der Kunst, dass unter vier Jahre Verhandlungen Verhaltenslerner nicht möglich ist. Also du kannst was auswendig lernen, aber es geht nicht in die Knochen. Und unter den Knochen ist es halt in unserem Beruf nicht zu machen.
Und dieses jetzt, also für uns Studierenden würden die Ohren klingeln, weil das ist fast auf jeder Probe, wo ich dabei bin, wenn ich Diplome, vordiplome betreue, geht es darum, es wird sofort langweilig auf der Bühne, wenn es nicht jetzt passiert. Und das ist natürlich, wie Diderot schon gesagt hat, das große Paradox des Theaters, weil wir wiederholen es jetzt um 48 40 Mal. Wie soll es also jetzt passieren? Und dieses Paradox müssen wir knacken. Ja. Also wie gewinne ich aus der Erinnerung, sprich der Vergangenheit, ein schlagendes Jetzt? Weil alles andere ist für die Fisch. Also das ist interessant. Aber in diesem Jetzt und das ist sind auch die vielen Dinge, die ich im Theater machen seit Jahrzehnten gelernt habe. Dieses jetzt hat immer sehr stark mit. Also das wird dir, das weißt du, aber ich möchte es hier nur erwähnen, weil es ist so banal und so großartig.
Die wenigsten wissen ja, was Drama heißt. Man denkt, es geht um Dramatik oder es ist dramatisch, wie wir Österreich sagen. Es wird immer mit Tragödie. Drama ist ein komplett unschuldiges Wort. Es heißt einfach Handlung. Es heißt einfach Handlung. Also es heißt einfach spring doch. Also Drama ist die Form, die im jetzt zeigt, wie Menschen etwas tun.
Und da geht es natürlich sehr, sehr stark um Courage. Das heißt, meine Frage ist, dieses im Jetzt sein, dass du mit Recht proklamierst, hat etwas zu tun mit Handlungsfähigkeit und es hat etwas zu tun mit Ermächtigung. Jetzt ist es so, dass du natürlich als sehr bekannter Philosoph und Schriftsteller, ähnlich wie Lessing, den berühmten Spruch sagen kannst, also ich ziehe mich auf meine Kanzel das Theater zurück. Es war bei ihm, ich unterstelle nichts, natürlich ein neckischer Spruch, weil seine Kanzel war irrsinnig berühmt. Er war da schon ein unglaublich bekannter, berühmter Dramatiker. Also sich nicht zurückgezogen, sondern eher nach vorne gezogen. Jeder hat ihm zugehört.
Sein Publikum wird sich gesagt haben, das ist super, weil da kommen tolle Stücke und tolle Bücher raus. Aber was mache jetzt ich? Also wie kann meine Selbstermächtigung im jetzt stattfinden, die vielleicht einen Unterschied macht im Sinne eines einer bleibenden Demokratie? Denn immerhin, bei aller nicht Zuversicht, wir haben es ja geschafft, also einige Staaten auf Erden, Aufklärung und so weiter, auch wäre ein eigenes Symposium, haben es ja geschafft, nicht in Diktaturen zu enden, sondern Demokratie. Nur offensichtlich ist die, und das ist für uns ja neu, nicht ungefährdet, selbst in Staaten oder in Verhältnis, wo man dachte, es kann nicht sein. Also Stichwort das Ende der Geschichte und so weiter. Also in diesem jetzt, wenn ich nicht Lessing oder Lissmann bin, was für ein Vergleich, Schamesröten, ich sag ja Theatermenschen, was tue ich? Wie könnte die Ermächtigung zumindest zu dem Versuch des Ja oder Nein im Jetzt, auch wenn es ein oppositionelles ist, ich meine das nicht politisch, sondern eines, das nicht einem Mainstream links, rechts, wie auch immer gefallen würde, wie kann ich diesen Muskel der Ermächtigung im jetzt trainieren?
[01:18:45] Speaker B: Eine praktisch philosophische, philosophische Frage, manche wirklich keine. Vielleicht eine philosophische Antwort darauf, aber keine praktische. Aber manchmal ergeben sich vielleicht praktische Konsequenzen aus einer philosophischen Überlegungen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, weil du eben völlig zu Recht davon gesprochen hast, es gibt so etwas wie Konzepte des Zusammenlebens, die wir entwickelt haben und der Schmerzen übrigens entwickelt haben, die eben bestimmte Vorstellungen von Freiheit, von Partizipation, von Mitbestimmung, von Gerechtigkeit, von Demokratie beinhalten, die wir nicht verlieren möchten und wo wir das Gefühl haben, trotz aller Mängel und trotz aller Schwächen und trotz aller offenen Baustellen lebt es sich in so einer Gesellschaft besser als in einer autoritären, totalitären, von fanatischen, was weiß ich, Diktatoren, Führern, was weiß ich. Ich möchte auch nicht im Jahr nehmen, ehrlich gesagt, unter einer religiösen Diktatur ist mir unvorstellbar, wie europäische Intellektuelle zu Kumäne bildern konnten und das als revolutionäre Befreiungskonzeption auffassen konnten. Das heißt also, wir haben diese Vorstellungen und wir spüren, das ist bedroht. Und für mich ist schon auch ein Problem, dass das nicht nur von außen bedroht ist, von diesen Kasperlen oder völkischen Neonationalisten, sondern auch von innen. Denn es ist ja fast nicht mehr möglich zu es gibt so etwas wie eine westliche Kultur, es gibt die Aufklärung, es gibt die Errungenschaften der Aufklärung, wie die Menschenrechte. Und wir sind stolz darauf. Das kann man nicht sagen. Man muss sich geißeln und sagen, wir waren die Kolonialisten, wir waren die weltweiten Unterdrücker, wir waren die Bösen. Wir halten diese Ambivalenz nicht aus, dass man bestimmte Dinge gemacht hat, gedacht hat und trotzdem dabei schuldig geworden ist. Da sind wir wieder bei diesem Konzept eigentlich der antiken Tragödie, dieses schuldlos schuldig werden. Und ich finde, das wäre mal eine Strategie. Das würde auch unsere Demokratie stärken, dass wir wissen, wir haben etwas geschaffen, aber im Schaffen sind wir schuldig geworden. Und beides muss doch denkbar sein. Das muss doch nicht in die eine oder andere Weise einseitig und eindeutig entschieden werden. Und das zweite ist, denke ich, und das hat jetzt wirklich mit dieser Ermächtigung zu tun, ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die große und entscheidende Errungenschaft, sozusagen auch das welthistorisch Neue, dass die Aufklärung das westliche Denken mit sich gebracht hat, die Entdeckung des Individuums war.
Das heißt, die Individualität, der Einzelne, das Recht des Einzelnen auf sein Leben, auf sein Glück, auf seine Freiheit. Menschenrechte sind konzipiert worden als Individualrechte, nicht als Männerrechte, nicht als Frauenrechte, nicht als Proletarierrechte, als Individualrechte.
Und das sind wir, glaube ich, im Begriff zu verspielen. Und damit nehmen wir auch den Einzelnen die Möglichkeit, sich als Einzelner wahrzunehmen und als Einzelner auch die Courage zu sein, die ihn zu etwas ermächtigt, was dann der Gemeinschaft als solcher zugute kommen kann.
Und ich denke, dass man da sozusagen sehr, sehr hellhörig sein muss, eine Gesellschaft in Gruppen, in Clans, in Stämme, in ethnische Einheiten, in religiöse Einheiten, in geschlechtsorientierte Einheiten zu denken. Das hat es immer gegeben. Das war bis ins achtzehnte Jahrhundert das übliche. Da war man entweder Mann oder Frau oder Katholik oder Protestant oder später Nationalismus gekommen ist, Deutscher oder Franzose.
Das geniale der Menschenrechtskonvention war das bist du alles auch, aber in erster Linie bist du Mensch.
Und als Mensch bist du sozusagen ein unverwechselbares Individuum. Wenn wir dieses Denken aufgeben, dann werden wir halt dort weiter spielen und kämpfen und töten, wo wir im siebzehnte Jahrhundert aufgehört haben, weil wir eben ideologische Konflikte haben, nationalistische Konflikte haben, Religionskonflikte haben. Und jeder wird glauben, die Gemeinschaft, der er sich zugehörig fühlt, ist die wichtigere, die bessere, das größere Opfer und der kleinere Täter. Und wie diese Geschichten dann alle erzählt werden und wie diese Geschichten halt alle auch verfälscht werden. Also ich denke, das war der eigentliche Fortschritt. Und zudem möchte ich mich ermutigen und.
[01:23:43] Speaker A: Auch andere ermutigen, wenn ich das finde. Ich finde, das ist ja doch erstaunlich, weil das, was du versucht hast, den Faden auswerfend, nämlich zu sagen, vielleicht kommt man ja über das Philosophieren in etwas Praktisches, ist zumindest mir beim Zuhören, finde ich in der Beobachtung dir gelungen. Weil wenn ich das jetzt interpretierend zusammenfassen darf, würde das so ganz konkret kochrezeptartig eigentlich heißt, dass wir Ambivalenzen ertragen müssen. Oder anders gesagt, dass wir eigentlich tätig im Sinne des Dramas tun, handeln, jetzt Blasen verlassen müssten und vielleicht mit dem Gegenüber, das mit Sicherheit anderer Meinung ist, zuhören bzw.
In Kontakt treten. Erstmal in vorurteilslosen Kontakt. Das ist eine sehr schwierige, aber sehr praktische Überlegung. Und das andere ist ganz interessant, weil wir über das Wort vorher gesprochen haben. In dem Moment, wo ich sage, ich definiere mein Sein oder mein Wohl Sein nicht über eine Zusammenrottung, Vermobung, Zugehörigkeit, welcher Blase auch immer, würde es ja, apropos Gegengift, die Unverfügbarkeit brauchen. Also es wird die Möglichkeit des Einzelnen brauchen, auch einzeln sein zu können oder auch einsam sein zu können.
Wird ja übrigens auch wieder ein Thema, wenn man es beobachtet in der in der betrachtenden Philosophie. Also das sind eigentlich zwei sehr konkrete Anweisungen. Kann ich das erwartbar nicht meiner Meinung nach sei eine gegenüber befragen oder mich mit ihm ins Verhältnis setzen? Und bin ich in der Lage, allein als Mensch, mit meinen Gedanken, Gefühlen und Haushalten auch unter anderem unverfügbar zu existieren? Das finde ich eigentlich einen sehr, sehr schönen Sukkum.
[01:25:28] Speaker B: Wobei vielleicht noch, weil sie oft so von Missverständnissen gekennzeichnet es geht mir überhaupt nicht um einen, wie das heute ja auch manchmal propagiert wird, um einen libertären Egoismus, also der Einzelne, der sich jedes Recht herausnimmt, sondern ganz im Gegenteil. Mir geht es darum, dass jeder Einzelne das gleiche Recht hat und eben gerade keine Rechte herausnimmt, weil er weiß, dass da was sein Rechtsanspruch ist, dass der Rechtsanspruch jedes anderen Menschen auch ist. Das war diese großartige Idee der Menschenrechte.
Und das andererseits sozusagen Gemeinschaften.
Ja, da bin ich so ein bisschen in dieser soziologischen Tradition groß geworden, dass Gemeinschaften tatsächlich am besten dann funktionieren, wenn sie sozusagen als freiwilliger Zusammenschluss und selbstbewussten Individuen funktionieren und nicht sozusagen Unterdrückungsmechanismen brauchen, keine Führungsfiguren brauchen, mit denen man sich identifizieren muss, keine Ideologie brauchen, die über allem steht. Das wäre für mich sozusagen diese kantianische Idee des souveränen, vernünftigen Menschen, der aber natürlich weiß, dass er Gefühle hat, dass er Bindungen braucht, der natürlich auch weiß, dass es etwas anderes ist, in einer Sprachgemeinschaft, in einer Kultur aufzuwachsen, als woanders zu sein. Der aber auch weiß, dass das letzte Frage des Zufalls war, wären wir woanders geboren worden oder auch nur fünf Jahre früher oder fünf Jahre später, würden wir ein vollkommen anderes Leben führen, das genauso viel Recht gehabt hätte, wie das Leben, das wir jetzt geführt haben. Ich finde, das in der Philosophie, nennen wir aus diesen radikalen Kontingenzgedanken, der ist schon sehr heilsam, weil er einen davor schützt, der sich weiß, nur weil man Glück gehabt hat, mitunter davor schützt, genau dieser Hybris zu verfallen und zu glauben. Also man kann selber für sich Dinge beanspruchen, die man anderen nicht zugestehen. Und in dem Sinne würde das auch unterstreichen, das Gespräch mit dem anderen, gerade mit dem anderen, sich in seiner Blase mit seinesgleichen zu unterhalten, ist ja wirklich eine große Kunst. Da braucht man gar nichts mehr sagen, da genügt sich auf die Schulter zu klopfen und ist eh einer Meinung, sondern das interessante ist ja wirklich, das Gespräch mit dem anderen zu suchen. Ich glaube nur nicht, dass das möglich ist, das vorurteilsfrei zu machen. Wir haben alle schon unsere Vorurteile.
Und ich denke immer, man kann sich dieser Vorurteile bewusst sein oder bewusst werden, mit was für Einstellungen man schon jetzt an einen anderen Menschen oder einen Vertreter einer anderen Religion, einer anderen politischen Partei herangeht.
Und man kann es aber zum Trost auch sagen, das sage ich jetzt aber so halb ironisch, glauben sie es mir, es gibt gut bestätigte Vorurteile.
[01:28:34] Speaker A: Es gibt natürlich noch eine dritte Möglichkeit, nämlich man könnte ins Theater gehen und sich in diesem Versuchslabor anschauen, wie das ist, wenn das andere, wenn das eine auf das andere prallt.
Und da gibt es ganz offensichtlich, das zeigt die große Dramenliteratur der Literaturgeschichte, bessere und schlechtere Möglichkeiten. Und diese, diesen Übungsparcours kann man sich, das ist ja das tolle am Theater, wir müssen nicht mehr opfern, sondern wir können, das ist ja die Erfindung des Theaters, uns anschauen, wie andere das für uns machen. Und mit Opfern ist jetzt nicht immer das Lamm und das Schaf und Abraham gemeint, sondern ist einfach der Kampf unterschiedlicher Meinungen gemeint, der Konflikt, der zum Handeln bringt.
Also das wäre sozusagen die dritte, übrigens sehr demokratische seit 2000 Jahren ist nicht umsonst das Theater aus der Demokratie oder das große Theater aus der Demokratie geboren worden. Das wäre jetzt ein wohlfeiles Schlusswort, aber.
[01:29:27] Speaker B: Ich möchte das noch unterstreichen, dieses Schlusswort, ein von mir sehr geschätzter Philosoph Ulrich Potthast hat mal gesagt, die Kunst und im Besonderen das Theater, das finde ich so eine wunderschöne Definition, die jetzt so schön hier hereinpasst, ist nichts anderes als lebendig sein als Versuch.
Das ist sozusagen lebendig sein als Versuch.
Das heißt, wir sind einerseits im geschützten Raum und auf der anderen Seite können wir genau diese Konflikte beobachten, verfolgen, uns auch damit identifizieren, manchmal auch distanzieren und beobachten. Und das zweite, wenn man jetzt, weil das Ganze heute schon sehr stark um die Elektra gekreist ist, um das antike Theater, das antike Drama in der Hofmannsta ich glaube, dass es bei diesen unterschiedlichen Konflikten und Positionierungen, in die diese Figuren verstrickt sind, nicht nur schon auch nicht nur um konträre Meinungen geht, die hier auf der Bühne verhandelt werden, sondern das, was für mich das noch viel tiefer macht, es geht ja um konträre Lebenssituationen und Lebensverstrickungen.
Es wird ja auch gezeigt, es ist ja nicht nur die Meinung der Elektra, nur eigentlich sollte ein Vater Mörderin umgebracht werden. Auch wenn es meine Mutter ist, ist er keine Meinung. Das ist für sie eine existenzielle Kategorie, existenzielle Verstrickung ist für sie auch ein Gefängnis, ein emotionales, aus dem es nicht raus kann.
Und ich finde, das macht dieses Theater so stark, weil es eben um mehr geht als nur um den Austausch oberflächlicher, konfliktbeladener Positionen, sondern man sieht, wie hier Welten, individuelle Welten, kollektive Welten aufeinanderprallen, aus die man nicht so leicht rauskommt, aus denen man vielleicht überhaupt nicht rauskommt.
Elektra ist ja eigentlich gar keine klassische Tragödie. Denn das, was die am Anfang beabsichtigen, können so am Ende machen der wird umgebracht und Elektra stimmt ihren Triumph Tanz an, Orest hat dann noch ein Problem mit den Rachegöttinnen. Aber sozusagen in der wirklich klassischen Tragödie ist es einfach so, es gibt keine saubere Lösung. Also Ödipus z.B. der kommt da nicht raus. Der kommt einfach nicht mehr raus.
[01:31:56] Speaker A: Und zwar schon bevor das Stück begonnen hat.
[01:31:57] Speaker B: Genau, das weiß man schon. Und ich finde, das ist das, was diese Intensität ausmacht. Und vielleicht, das wäre jetzt sozusagen mein letztes Wort, vielleicht müssen wir uns auch bewusst sein, es gehört schon ein bisschen Courage dazu, sich diesem Theater auszusetzen.
[01:32:16] Speaker A: Stimme absolut zu. Ich stimme absolut zu. Und bevor jetzt tatsächlich das Ende anbricht, kann ich nicht umhin, ein kleines Postskriptum anzufügen.
Warum Karl May.
[01:32:38] Speaker B: Das wird jetzt ganz kurz. Das ist ganz kurz.
All das, was ich heute gesagt habe, und vieles andere, was ich geschrieben habe, hätte ich nicht schreiben und sagen können. Hätte ich nicht kame gelesen, Australien, ganz einfachen Gründen. Einerseits, er hat mir überhaupt das Lesen beigebracht. Ich wollte besser lesen, schneller lesen, weil ich diese dicken Bücher vor mir hatte, die gelesen werden wollten.
Und das zweite, also das hätte jetzt mit unserem Thema zu tun, also alle Varianten von Mut, Übermut über Hybris bis zur Courage und dann die gegenteiligen Varianten Opportunismus, Unterwerfung, Feigheit.
Alles das finden sie zum Teil klischeehaft, aber personifiziert im riesigen Figurenarsenal und Figurenuniversum bei Karl May.
Und deshalb ganz einfach, mir geht es.
[01:33:45] Speaker A: Langweiligerweise, aber so langweilig ist es gar nicht, weil wir ja doch bekanntermaßen ein bisschen unterschiedliche Generationen und Geschlechter haben.
Und witzigerweise ist es mir genauso ergangen. Es war auch mein Einstieg in das literarische lesen. Also offensichtlich ist Karl mein nicht Hanni und Nanni, sondern es geht tatsächlich um viel, viel Wesentlicheres. Und natürlich ist es auch ungeheuer theatral. Ja, also auch hier keine, keine Vorurteile.
Ja, meine Damen und Herren, das war der Sonntagssalon Konrad Paul Liesmann. Ich bedanke mich.
[01:34:18] Speaker B: Ich danke, danke für die Einladung.
[01:34:51] Speaker A: Es kommt noch ein Foto. Während wir hier fotografiert werden, halte ich trotzdem nicht die Klappe, aus gutem Grund. Erstens, es gibt da hinten Bücher, so wie ich unseren fantastischen Buchhändler Max kenne, natürlich auch solche von Konrad Paulismann, der vielleicht nicht gleich von den Erinien gejagt davonheizen wird, sondern auch auch noch bereit wäre zu signieren.
[01:35:12] Speaker B: Keinen Intendantinnenmord begangen.
[01:35:15] Speaker A: Das hilft.
Und ich empfehle ihnen denjenigen, die es noch nicht haben, die Wortpresse, unsere Festivalzeitung mit sehr, sehr schönen Beiträgen und ohnehin diesen schönen Ort und das Festival. Wünsche einen schönen weiteren Sonntag, ob hier drin oder in der wel.